Wie funktioniert der faire Handel – und welche Regeln gelten für ihn. Vielleicht fangen wir erstmal damit an, wie er nicht funktioniert. Wie werden die Preise überhaupt bestimmt?
Geiz ist geil – fast jedem Deutschen dürften bei diesem Werbeslogan die Ohren klingeln. Dir auch? Gerade Supermärkte liefern sich seit Jahren Preiskampf – entscheidend ist hier oft nur noch, wer die Produkte am billigsten verkauft. Dabei ist klar, die Läden wollen maximalen Gewinn erwirtschaften, der Kunde will so wenig wie möglich ausgeben. Dass das nicht zusammen funktionieren kann, erkennt man schnell. Eine Preispolitik, die so gestaltet ist, geht fast immer auf die Kosten der Schwächsten. Den Produzenten in weniger entwickelten Ländern. Wobei, wenn wir ehrlich sind, müssen wir gar nicht so weit über den eigenen Tellerrand hinausschauen. Denken wir einfach an die „Leiharbeiter“, die (bzw. Tönnies) unser Billigfleisch produzieren. Oft gehen diese Geschäftspraktiken dann auch auf die Umwelt. Die Kehrseite dieser superbillig produzierten und zu kaufenden Produkte ist dann eigentlich immer Ausbeutung. Sprich, schlechte Lebensbedingungen und Arbeitsbedingungen, fehlende Gesundheitsvorsorge, mangelnde Arbeiterrechte und noch vieles mehr. Eine Lösung ist der faire Handel. Aber was bedeutet das jetzt konkret?
Schauen wir uns einmal eine allgemein gültige Definition an auf die sich 2011 geeinigt wurde:
“Fairer Handel ist eine Handelspartnerschaft, die auf Dialog, Transparenz und Respekt beruht und nach mehr Gerechtigkeit im internationalen Handel strebt. Durch bessere Handelsbedingungen und die Sicherung sozialer Rechte für benachteiligte Produzentinnen und Produzenten und Arbeiterinnen und Arbeiter – insbesondere in den Ländern des Südens – leistet der Faire Handel einen Beitrag zu nachhaltiger Entwicklung. Fair-Handels-Organisationen engagieren sich (gemeinsam mit Verbraucherinnen und Verbrauchern) für die Unterstützung der Produzentinnen und Produzenten, die Bewusstseinsbildung sowie die Kampagnenarbeit zur Veränderung der Regeln und der Praxis des konventionellen Welthandels.”
Um es ein bisschen einfacher zu verdauen, haben wir uns überlegt das Ganze in ein paar Regeln runter zu brechen, an denen sich jeder orientieren kann:
Unterstützung:
Die Unternehmen, die sich dem fairen Handel verschreiben, verpflichten sich zur Bereitstellung finanzieller, technischer und organisatorischer Unterstützung. Was das bedeutet? Am einfachsten lässt sich das an dem Beispiel einer Zertifizierung beschreiben – im „echten“ fairen Handel bezahlen die Abnehmer die Zertifizierung, nicht die Produzenten, weil die sowieso schon kein Geld haben. Das ist auch eines der Hauptkritiken am Fairtrade Siegel. Die Ärmsten der Armen können sich die Zertifizierung einfach nicht leisten.
Außerdem verpflichten sie sich zur sogenannten „Kampagnenarbeit“ zur Veränderung der Regeln und Praxen im konventionellen Welthandel. Kampagnenarbeit fragst du? Öffentlichkeitsarbeit, um den fairen Handel noch populärer zu machen und ihn endlich in das Rampenlicht zu stellen, den es verdient.
Partnerschaft
Im fairen Handel bewegen sich die Beteiligten auf Augenhöhe, im direkten Dialog. Einem Dialog, der auf Respekt basiert und von dem alle Partner*innen profitieren. Das gilt auch für den Respekt gegenüber den unterschiedlichen Kulturen und Rollen.
In diesen Partnerschaften soll außerdem Transparenz herrschen, hinsichtlich der Finanzen, Informationen (zur Erleichterungen zum Marktzugang) und der Struktur. Und wie für jede Partnerschaft üblich sollte sie geprägt sein von einer offenen, transparenten und konstruktiven Kommunikation.
Preispolitik
Die Zahlung eines fairen Preises (gemessen an den lokalen und regionalen Maßstäben) gehört zu einem der wichtigsten Faktoren im fairen Handel. Der Preis soll dabei nicht nur die Produktionskosten decken, sondern auch soziale / ökologische Produktion ermöglichen. Wichtig ist außerdem den Produzent*innen eine Hilfestellung in Bezug auf den Zugang zur Finanzierung ermöglichen. Dies ist wichtig für die Ernte, für die Produktion, bei Vorfinanzierungen u.ä.
Rechte
Indem faire Preise gezahlt werden, soll gleichzeitig sichergestelltt werden, dass die Rechte der Produzent*innen und Arbeiter*innen gesichert und sogar verbessert werden. Der Fokus liegt hier unter anderem auf sicheren und gesunden Arbeitsplätzen, auf der Einhaltung nationaler Gesetze aber auch auf den von den Vereinten Nationen festgelegten Menschenrechten (ILO). Falls ihr mehr darüber erfahren wollt, lest doch mal hier nach.
Verbesserung
Der faire Handel sollte immer danach streben sich immer zu verbessern. Langfristige Verbesserungen aller Beteiligten ist damit einer der Maximen des fairen Handels. Die Organisationen der Keinproduzent*innen sollte in ihrer Eigenverantwortlichkeit gestärkt werden, auch indem sie an Entscheidungsprozessen beteiligt sind. Förderung durch Aus-, Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen sollten deswegen eine Selbstverständlichkeit sein. Dies gilt insbesondere für Frauen.
Das strategische (das „Langzeit“-) Ziel des fairen Handels lässt sich damit wie folgt zusammenfassen: Im fairen Handel wird sich ganz bewusst dafür entschieden mit benachteiligten Produzent*innen, Arbeiter*innen zusammen zu arbeiten und ihnen dadurch zu helfen, mehr wirtschaftliche Freiheit und Sicherheit zu erlangen. Man unterstützt diese Menschen dabei als Interessenvertreter*innen in den Organisationen aufzutreten und damit eine Rolle auf globaler Ebene zu spielen. Damit wird für mehr Gerechtigkeit im Welthandel gesorgt – so wie es sein sollte.