Bevor es zu Verwirrungen kommt, möchte wir zu Beginn erst einmal ganz explizit darauf hinweisen, dass wir im folgenden Artikel nicht über den fairen Handel sprechen, sondern nur über das Fairtrade Siegel. Aber wieso ist es jetzt nicht genug? Kommen wir zum wesentlichen Teil – 3 Gründe wieso Fairtrade nicht genug ist:
Unterscheidung zwischen fair trade und fairtrade
So nah und doch so fern. Vielleicht seid ihr auch schon mal drüber gestolpert – diese kleine Lücke zwischen den Wörtern. Hat sich da nur jemand verschrieben, oder was ist da los?
Die Unterscheidung der beiden Wörter ist im Grunde ganz einfach. Bei fair trade handelt es sich um den fairen Handel, also alles was mit fairen Geschäftspraktiken, Lieferketten in Zusammenhang steht. Bei Fairtrade (Achtung: zusammengeschrieben) handelt es sich nur um das Siegel.
Mind the (not) missing gap!
Ganz allgemein kann man den undurchsichtiger Siegelwald bemängeln – es gibt einfach so viele Siegel, neben dem Fairtrade Siegel, und niemand weiß so recht was hinter den einzelnen steht. Über die Jahre haben sich eine Reihe an Siegeln gebildet, um Verbrauchern ein Leitfaden zu geben an dem sie sich orientieren können. Er soll Verbraucher*innen die Kaufentscheidung erleichtern. Welche Siegel unterstützenswert sind und wieso bzw. wieso nicht könnt ihr in diesem Artikel lesen. Das soll nun nicht weiter Thema dieses Beitrags sein.
Was finden wir jetzt so problematisch an Fairtrade oder auch „Warum ist Fairtrade nicht genug“
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Keine Abnahmemengen und Mengenausgleich
Leider kann in den meisten Fällen nicht die gesamte Produktion zu Fairtrade-Bedingungen ausgeliefert werden. Der größte Teil muss auf dem freien Markt verkauft werden, weil es einfach zu wenig Abnehmer für Fairtrade-Produkte gibt. Durch die Überproduktion fahren viele Produzent*innen Verlust ein und der Vorteil, der durch den fairen Handel generiert werden soll, wird unterlaufen.
Über den Mengenausgleich werden konventionellen Ware und fair gehandelte Ware vermischt, was nicht sein sollte. Positiv anzumerken ist, dass mittlerweile auf den Produkten gekennzeichnet sein muss, wie viel fair gehandelter Anteil enthalten ist. Schaut doch einfach mal genauer auf eure Schoki bspw.
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Unveränderte Lieferkette
Solange aus dem globalen Süden nur die Rohstoffe geliefert werden, könne sich die Situation der Menschen nicht verbessern. Der Autor und Ökonom Sylla bezeichnet das als „eine Logik der Kolonialzeit”. Wieso bezeichnet er das als solche? Weil die Wertschöpfung immer aus dem globalen Süden abwandert und im Arbeitsschritt der Verarbeitung stattfindet. Aus der Wertschöpfung resultiert der Gewinn und den teilen die Unternehmen nicht mit den Bauern, die sie beschäftigen. Für Schokolade bspw. ist Deutschland weltweit der einer der größten Exporteur. Genau genommen stehen wir an zweiter Stelle, direkt nach der Elfenbeinküste. Und das obwohl bei uns keine Kakaopflanzen wachsen.
Warum diese Art zu wirtschaften auch nicht verändert wird liegt auch an der steuerlichen Situation. Bleiben wir bei dem Beispiel der Schokolade – Für Rohkakao wird beim Import kaum Steuer erhoben, auf das Endprodukt liegen die Abgaben bei über 10 Prozent. Damit fehlen nicht nur Anreize die Lieferketten zu verändern, sondern sie werden sogar torpediert. Solange diese Politik nicht geändert wird, bringt es zwar im Einzelfall viel das wir fair gehandelte Produkte kaufen und produzieren aber die dahinterliegende Problematik verändert sich nicht.
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Kosten
Im System Fairtrade (Achtung: Zusammengeschrieben!) müssen sich die Bauern selber zertifizieren lassen. Mit der Zertifizierung sind dann erhebliche Kosten verbunden, die sich die Armen der Armen nicht leisten können. Viele dieser Bauern*innen können sich nicht einmal die Busfahrt in die Stadt leisten, geschweigen denn die Zertifizierung. Hinzu kommt, dass das System auf den Export ausgerichtet ist. Die meisten sehr Armen produzieren für den eigenen Bedarf und denken nicht an Export. Sie werden so nicht erreicht.
Fazit
Die die Fairtrade-Bewegung ist im Kontext der 1980er-Jahre entstanden ist. Zu einer Zeit, in der die Handelsstrukturen im Zuge des Neoliberalismus liberalisiert wurden und zwar weltweit. Vielleicht ist es jetzt an der Zeit über neue Varianten, dieses System nachzudenken und den fairen Handel auf die nächste Stufe zu heben. Vielleicht könnt ihr anhand dieser 3 Gründe wieso Fairtrade nicht genug ist, überlegen welche Möglichkeiten euch einfallen den fairen Handel weiterzuentwickeln.